Zwei Kraftwerke stilllegen und ein Neues bauen

  09.04.2025 Politik

Die WWZ möchte die Lorze zwischen Unterägeri und dem Baarer Talboden weiterhin zur Stromgewinnung nutzen. Die Grundlage soll im kantonalen Richtplan Eingang finden.

MARCO MOROSOLI

Gegenwärtig ist im Kanton Zug vieles im Fluss. Das ist nicht nur im sprichwörtlichen Sinne zu verstehen. Einerseits müssen die Zuger Gemeinden ihre Ortsplanung überarbeiten. Andererseits obliegt es dem Kanton, seinen Richtplan zu aktualisieren. Der raumplanerische Bericht mit den angestrebten Anpassungen im kantonalen Richtplan lag bis zum 17. März 2025 öffentlich auf.

Wie viele Menschen dies innert Frist taten, konnte die Zuger Baudirektion nicht beziffern. Die Einwendungen sollen erst in der Richtplanvorlage zuhanden des Kantonsrats Eingang finden. Der Zuger Kantonsrat erhält sie möglicherweise noch in diesem Jahr. Im Fokus der Richtplananpassung war ohnehin etwas anderes: Die beiden Umfahrungstunnel (Unterägeri/Zug) sind nach dem Volks-Nein im März 2024 aus dem Richtplan zu streichen.

Für die Gemeinde Baar steht in diesem richtungsweisenden Papier ein anderes Projekt im Zentrum: die Stromgewinnung mit Lorzenwasser. Die WWZ (Wasserwerke Zug AG) möchte zwei bestehende Anlagen zur Stromerzeugung im Oberlauf der Lorze durch eine neue ersetzen. Das neue Wasserkraftwerk käme wiederum im Gebiet Lorzentobel – einfach etwas nördlicher, aber immer noch auf Baarer Boden – zu stehen.

Der Zuger Kantonsrat kam zum Schluss, dass die Stromerzeugung bleiben soll. Dieser Entscheid war auch eine Folge der drohenden Strommangellagen zu Beginn des laufenden Jahrzehnts.

Der Kanton Zug erwähnt im raumplanerischen Bericht zudem, dass der Neubau der Kraftwerkszentrale Lorzentobel gewichtige Auswirkungen auf Raum und Umwelt habe. Der neue Kraftwerksbau soll in einem Gebiet entstehen, welches zum Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler (BLN) gehört.

Im Weiteren muss die potenzielle Bauherrschaft beim Neubau der Wasserkraftanlagen darauf achten, dass das bestehende Kraftwerkensemble unterhalb der beiden Lorzentobelbrücken nur am Rande betroffen ist. Nur einige jüngere Bauten dürften weichen.

Lorzenstrom gibt es seit Ende 1891
An diesem Platz am Oberlauf der Lorze existiert bereits seit dem 15. Dezember 1891 ein Kraftwerk. Dessen elektrischer Strom floss vorerst in die Industrie (Metallwarenfabrik). Aber auch die Öffentlichkeit profitierte. Mitte 1894 erhielt die Stadt Zug eine elektrische Strassenbeleuchtung.

Die Stromerzeugung im ausgehenden 19. Jahrhundert hatte auch ihre Kritiker. Der Zuger Regierungsrat sah in der Produktion von elektrischem Strom «keine Dringlichkeit», wie einer Infotafel des Industriepfades Lorze beim Kraftwerk zu entnehmen ist. Die Bedenkenträger setzten sich aber nicht durch.

Die lokalen Zeitungen berichteten zaghaft – und gut versteckt – über die neue Errungenschaft Strom. Die «Zuger Nachrichten» berichteten am 19. Dezember 1891 –versteckt auf der dritten Seite – über die Neuerung. «Die seit dem letzten Dienstag (15. Dezember 1891) im Betrieb übertragene elektrische Kraftübertragung funktioniert bis jetzt sowohl in Bezug auf die Stärke als Regelmässigkeit recht befriedigend.»

Viel mehr Raum gaben die Zeitungsmacher in den frühen 1890er Jahren dem Bau der Eisenbahnstrecke von Zug über Baar nach Thalwil. Dadurch bekam Baar ab Ende 1897 die Bahn, die Zug schon seit 1864 hatte.

Das Kraftwerk an der Lorze fand jedoch Aufnahme als Geheimtipp für Touristen, die nach Zug kamen. Die Liste der Zuger Sehenswürdigkeiten veröffentlichte das «Fremdenblatt für den Zugersee und Umgebung/ Zugerland» am 18. August 1892. Denjenigen, welche den beschwerlichen Weg zum Kraftwerk nahmen, bot sich noch ein wesentlich anderer Anblick. Die zweite (1910) und die dritte Brücke (1985) gab es noch nicht. Nur die Holzbrücke über die Lorze aus dem Jahre 1759 war damals zu sehen.

40-Jahr-Jubiläum der jüngsten Lorzentobelbrücke
Die Natursteinbrücke aus dem beginnenden 20. Jahrhundert war als Bogenviadukt aus Ägeri-Sandstein gebaut worden. Der Kanton Zug liess sie kürzlich umfassend sanieren. Sie ist seit dem 1. April für den Langsamverkehr offen. Die Lorzentobelbrücke neuester Bauart (1985) misst 568 Meter und kostete den Kanton 13,9 Millionen Franken.

Wie viel Geld die WWZ für den Kraftwerkneubau und den Erhalt der denkmalgeschützten Anlage auf den Tisch legen muss, ist derzeit noch unklar. Ein Vorprojekt liegt schon vor. Verschiedene Amtsstellen haben sich schon vorab mit dem geplanten Neubau befasst. Die Wasserwerke Zug AG beabsichtigt, mit dem Kraftwerkneubau im Lorzentobel 2027 loszulegen.


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