So klingt es, wenn Klassik auf Jazz trifft

  09.04.2025 Musik/Kultur

Beim diesjährigen Frühlingskonzert zeigte das Baarer Kammerorchester, wie fliessend die Grenzen zwischen Klassik und Jazz sein können. Unter der neuen Leitung von Jan-Philip Dolci präsentierte das Ensemble ein Programm, das klassische Eleganz mit jazzigem Groove verband – und das Publikum mit seiner Spielfreude ansteckte.

JILL EBERHARD

Die Kirche St. Thomas in Inwil bei Baar war am Samstag, 29. März und Sonntag, 30. März erfüllt von jazzigen Klängen und klassischen Melodien. Zum ersten Mal trat das Baarer Kammerorchester unter der Leitung von Jan-Philip Dolci auf und wagte sich mit seinem Programm «Simple Sounds» an eine musikalische Gratwanderung zwischen den Genres.

Neuer Dirigent bringt frischen Wind ins Orchester
Dolci, der das Orchester seit November 2024 dirigiert, wuchs im Tessin auf und studierte Gesang und Dirigieren an der Hochschule Luzern. Seine musikalische Vielseitigkeit, die sich aus Erfahrungen mit Chören, Orchestern und seiner Arbeit als Sänger speist, prägte das Konzert hörbar. Bereits bei der Einführung wurde betont, dass die Proben intensive Zusammenarbeit und Offenheit erforderten – schliesslich verlangte das Crossover-Programm von den Musikerinnen und Musikern ein ungewohntes Zusammenspiel. Das Ergebnis: ein Konzert voller Spielfreude und spielerischer Leichtigkeit.

Eine musikalische Reise durch Klangwelten
Den Auftakt des Abends bildete Philipp Molls «New Adventures in Alpine Sonics». Der Komponist und Kontrabassist stand dabei selbst auf der Bühne, zusammen mit den Solisten Simon Heggendorn (Violine) und Michael Zisman (Bandoneon). Jazzige Grooves und alpine Klangfarben verschmolzen zu einem eindrücklichen Auftakt, der das Publikum sofort neugierig machte.

Ein stilistischer Kontrast folgte mit Benjamin Brittens «Simple Symphony op. 4», deren Sätze «Boisterous Bourrée» und «Playful Pizzicato» dem Publikum barocke Verspieltheit in modernem Klanggewand boten. Das gezupfte Spiel der Saiten sorgte für eine leichte, spielerische Atmosphäre.

Dann wurde es erneut jazzig: Heggendorns eigenes Stück «Saturation» stellte die drei Solisten in den Mittelpunkt. Ihre virtuosen Soli begeisterten das Publikum – indem Heggendorn seine Violine mal wie ein Saxophon, mal wie eine Gitarre klingen liess. Molls jazzige Basslinien und Zismans Bandoneon sorgten für eine einzigartige Klangmischung. Mal verschmolzen Orchester und Solisten zu einer Einheit, mal traten sie in einen spannenden Dialog. Die Begeisterung war spürbar: Das Publikum wippte mit und liess sich von der Energie tragen. Auch bei den Musikerinnen und Musikern auf der Bühne war die Freude an der Musik nicht zu übersehen – man sah es an den wippenden Schultern und den strahlenden Gesichtern.

Freude am Spiel – bis zum letzten Ton
Mit dem vierten Stück kehrte das Programm zu Britten zurück: Die Sätze «Sentimental Saraband» und «Frolicsome Finale» der «Simple Symphony» brachten erst sanfte, melancholische Streicherklänge, bevor das Orchester im Finale noch einmal spritzige Lebendigkeit zeigte.

Den Abschluss des Konzertes bildete erneut ein Werk von Moll: «New Adventures in Alpine Sonics, Movement V – We Want More» und kehrte so zu den jazzigen Wurzeln zurück. Diesmal wechselte Moll zwischen E-Gitarre und Kontrabass und brachte so eine weitere Klangfarbe ins Spiel. Immer wieder gab es spannende Wechsel zwischen Solisten und Orchester, mal harmonisch, mal wild durcheinander – ein gelungenes Finale.

Als das Konzert eigentlich zu Ende war, hatte das Publikum noch nicht genug. «Ich ha e Uhr erfunde» kündigte der Violinist Heggendorn humorvoll an, ehe das Ensemble ein weiteres jazziges Stück spielte, das die ausgelassene Stimmung noch einmal aufgriff.


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