Mehrwert-Initiative und Gegenvorschlag

  09.04.2025 Politik

Beim heutigen Partei forum geht es um die Mehrwert-Initiative der SP sowie den Gegenvorschlag des Kantonsrats. Am 18. Mai wird darüber abgestimmt. Die Frage kommt von der SP. 

Im Kanton Zug ist der Wohnraum begrenzt. Daher wird in Baar das dichte Bauen gefördert, und die Ausnützungsziffern von Grundstücken werden erhöht. Dies führt zu einer Steigerung der Grundstückswerte.
Sollte die Initiative angenommen werden, sind die Eigentümer von grossen Bauprojekten verpflichtet, 30 Prozent des Mehrwerts, der durch die Aufzonung entsteht, an die Gemeinde abzugeben. 

Diese Mittel sind vorgesehen für den preisgünstigen Wohnungsbau sowie für Infrastrukturmassnahmen wie Kinderkrippen, Öffentlichen Verkehr und Grünanlagen. Wie beurteilt ihr die Initiative in Bezug auf die Möglichkeit, dass Baar zusätzliche Mittel für den preisgünstigen Wohnungsbau erhält und die Gewinne aus den Aufzonungen nicht ausschliesslich privaten Eigentümern zugutekommen? 


Michael Arnold Fraktionschef FDP Kantonsrat Zug 

Zusätzliche Abgaben sind der falsche Weg
Der Wohnungsmarkt in Baar ist angespannt: Die Nachfrage nach Wohnraum wächst, während das Angebot begrenzt bleibt. Doch anstatt mit konkreten Lösungen das Wohnangebot zu steigern, setzen die gefährliche Mehrwert-Initiative und der extreme Gegenvorschlag auf eine neue Abgabe – eine Massnahme, die das Problem nur verschärfen und die Wohnkosten weiter in die Höhe treiben würde. 

Die geplante Änderung bringt zusätzliche Hürden und Unsicherheiten. Gemeinden verlieren ihre Entscheidungsfreiheit in der Wohnraumförderung – obwohl sie ihre spezifischen Bedürfnisse am besten kennen. Zudem ist eine weitere Abgabe in die Baarer Gemeindekasse völlig unnötig, da bereits ausreichend Mittel aus den regulären Steuereinnahmen zur Verfügung stehen. Es wäre schlichtweg Wasser in die Lorze getragen. 

Besonders sozial engagierte Akteure wie Wohnbaugenossenschaften, die günstigen Wohnraum schaffen, würden mit dieser Abgabe ebenfalls belastet, was die Mieten weiter ansteigen liesse. Auch Bebauungspläne, die durch zusätzliche Anforderungen eine höhere Bauqualität und dringend benötigten Wohnraum schaffen könnten, würden durch die Abgabe unattraktiver. Das Ergebnis: Ein Verzicht auf diese Pläne und mehr Bauvorhaben nach der klassischen Regelbauweise, was weniger Verdichtung und somit weniger Wohnraum bedeutet. 

Am 18. Mai haben wir die Chance, diese Fehlentwicklung zu stoppen und die Spirale immer höherer Wohnkosten zu durchbrechen. Sagen wir klar Nein zu mehr Abgaben, höheren Mieten und weniger Wohnraum! 


Mirjam Arnold Kantonsrätin und Präsidentin Die Mitte Baar 

Wohnungsnot effektiv angehen – mit dem Gegenvorschlag
Die Leerstandsquote im Kanton Zug weist zum vierten Jahr in Folge mit einem Wert von 0,4 Prozent die tiefste Quote in der Schweiz auf. Dass die Wohnungsnot angegangen werden muss, darüber ist sich die Politik einig. Damit ist aber auch schon Schluss mit der Einigkeit. 

Nein zur Initiative der SP
Die extreme Initiative der SP verlangt, dass die Mehrwertabgabe auf 30 Prozent steigt. Die Gemeinden sollen ausserdem verpflichtet werden, bei Umzonungen und Nutzungserhöhungen eine Abgabe von 30 bis 50 Prozent zu erheben. Dies geht zu weit, ist doch gerade unsere Gemeinde nicht per se auf höhere Abgaben angewiesen. 

Ja zum Gegenvorschlag des Kantonsrates
Eine Erhöhung des Abgabesatzes bei Einzonungen sieht der Gegenvorschlag nicht vor, weil dies dem Bereitstellen von Wohnraum entgegensteht. Die Gemeinden sollen bei der freiwilligen Abgabe aber mehr Flexibilität erhalten: So lässt der Gegenvorschlag dem Grundeigentümer die Wahl, ob er den Ausgleich seines Gewinns mittels Sachleistungen («Wohnraum») oder mittels Einzahlung in einen kommunalen Spezialtopf erbringt – der wiederum für das Bereitstellen von Wohnraum genutzt werden kann. Diese Pflicht zum Ausgleich erfolgt erst, wenn ein Bauprojekt realisiert wird. Kleinere Bauprojekte fallen ausser Betracht, weil die bürgerlichen Parteivertreter dem Gegenvorschlag einen sehr hohen Schwellenwert eingepflegt haben. 

Deshalb sage ich Ja zum Gegenvorschlag des Kantonsrates! 


Andreas Lustenberger Kantonsrat ALG Baar 

Wer von Aufzonung profitiert, unterstützt Wohnraum
Wer heute im Kanton Zug eine Wohnung sucht, steht meist auf verlorenem Posten. Wir alle haben in unserem Umfeld Freunde, Familien und Bekannte, die genau deswegen unseren Kanton verlassen mussten. Die Mietpreise sind für Normalverdienende oft nicht mehr erschwinglich. Der Kanton Zug verliert dadurch sein aktives Dorf- und Vereinsleben. Kommt hinzu, dass wir auch zukünftig auf die wichtige Arbeit von Handwerkerinnen und Handwerkern sowie etwa dem Personal im Kantonsspital oder der Spitex angewiesen sind. 

Beitrag zur Schaffung von mehr Wohnraum
Da Bauland knapp ist, setzen Gemeinden und Kanton auf Verdichtung. Das bedeutet, dass in bestehenden Bauzonen mehr und höher gebaut werden darf (Aufzonung). Dadurch gewinnen Bauland und Immobilien massiv an Wert. Es ist aus unserer Sicht richtig, dass Grundeigentümer von grossen Bauparzellen, deren Land aufgrund einer Aufzonung – also ohne eigene Leistung – mehr Wert ist, einen Teil davon für mehr bezahlbaren Wohnraum einsetzen. Mit der Mehrwert-Initiative kann also ein Beitrag zur Schaffung von mehr Wohnraum geleistet werden. 

Im Kantonsrat lag ein Gegenvorschlag auf dem Tisch, zu dessen Gunsten die Initianten auf ihre Initiative verzichtet hätten. Es ist schade, dass dieser Gegenvorschlag als Kompromiss von rechter Seite mit einem Referendum bekämpft wird. 

So oder so, das Wohnraumproblem braucht eine höhere Priorität in der Politik. Mit der Mehrwert-Initiative und dem Gegenvorschlag wäre ein erster Schritt getan. 


Hans Küng Kantonsrat SVP Baar 

Wir brauchen Wohnungen, und keine neuen Steuern!  2x Nein 

Eigentlich kann man nicht gegen die Initiative der SP sein. Sie lockt mit Mehrwert und verspricht mehr bezahlbaren Wohnraum. Doch das Gegenteil ist der Fall. Die Initiative, wie auch der Gegenvorschlag, bringen erhebliche Nachteile für alle, die Wohnungen erstellen wollen. Beide Vorlagen zwingen die Zuger Gemeinden, bei Bebauungsplänen eine zusätzliche Mehrwertabgabe zu erheben. Das trifft insbesondere die Wohnbaugenossenschaften, welche sich seit Jahren um die Schaffung von günstigem Wohnraum bemühen. Durch die Initiative wird der Bau von neuen Wohnungen durch höhere Kosten massiv verteuert, was negative Auswirkungen auf die Mietpreise hätte. 

Bei einer Annahme werden die Gemeinden gezwungen, Steuern (die gemeinte Mehrwertabgabe) zu erheben. Dies hätte negative Auswirkungen auf die Gemeindeautonomie. Den Gemeinden werden damit alle Möglichkeiten für allfällige Vertragsverhandlungen genommen. In Zukunft würde diktiert. Dies wäre ein Bruch des heutigen, durchwegs erfolgreichen Weges der Zuger Einwohnergemeinden, zusammen mit den Wohnbaugenossenschaften. 

Die Kantonsregierung, aber auch etablierte Baarer Wohnbaugenossenschaften sind gegen diese extremen Vorlagen. Stimmen deshalb auch Sie Nein zum Mehrwert-Initiative der SP und Nein zum Gegenvorschlag.


Martin Zimmermann Baar Kantonsrat GLP Mitglied der Raumplanungskommission

Ja zum Gegenvorschlag!
Wir brauchen Massnahmen gegen die Wohnungsnot! Wohnraumpolitik ist vielschichtig und kann weder einfach noch von heute auf morgen gelöst werden. So ist die Mehrwertabgabe auch nur ein Puzzlestück, wie diese Thematik angegangen werden kann. Die Initiative geht den Grünliberalen zu weit und hat teilweise ungünstige Formulierungen wie die einschränkende Angabe, dass nur Wohnraum nach dem Kantonalen Wohnförderungsgesetz als preisgünstig gilt.

Gezielte Investitionen in den Wohnungsbau
Aber wir möchten gezielte Investitionen in den preisgünstigen Wohnungsbau. Und für dieses Ziel steht der Gegenvorschlag des Kantonsrats. Die Abgabe wird nach Möglichkeit gleich mit günstigen Wohnungen geleistet, oder dann für solche prioritär verwendet. Das ist ein wesentlicher Unterschied zum geltenden Recht. Die Mittel können nicht mehr für alles verwendet werden, was sich irgendwie mit raumplanerischen Massnahmen begründen lässt, sondern sollen prioritär in den preisgünstigen Wohnungsbau fliessen.

Keine Überwälzung auf Mieten
Dass die Abgabe die Mieten erhöht, wie FDP und SVP behaupten, ist wissenschaftlich untersucht worden und gilt als nicht haltbar. Beispiel aus meiner Nachbarschaft: Ein Einfamilienhaus wird verkauft. Der Käufer kalkuliert, welche Miete er verlangen kann (4,5-Zi-Whg. für 8’800.– mtl.) und bietet beim Kaufpreis so hoch, wie er noch eine gute Rendite erzielt. In diesem Fall ist der Wert, der sich verändert, der Verkaufspreis des Grundstücks – nicht die Miete.


Gaby Billing Präsidentin SP Baar

Konkrete Lösung für mehr preisgünstigen Wohnraum
In den letzten 20 Jahren wurde in Baar viel gebaut, doch preisgünstiger Wohnraum fehlt. Die neu erstellten Wohnungen sind für Normalverdienende oft unerschwinglich. Da der Markt dieses Problem nicht löst, sind gezielte Massnahmen erforderlich. Die Mehrwert-Initiative bietet eine konkrete Lösung:

Durch verdichtetes Bauen (Aufzonung) können Immobilienentwickler mehr Wohnungen schaffen. Die Aufzonung erhöht den Wert des Grundstücks, ohne dass die Eigentümerschaft etwas dazu beiträgt. Liegt dieser Mehrwert über 500’000 Franken, sollen 30 Prozent davon an die öffentliche Hand abgegeben werden. Diese Abgabe ist eine Art Gewinnsteuer auf den Wertzuwachs, der durch öffentliche Entscheidungen entstanden ist. Die Mittel müssen zweckgebunden für preisgünstigen Wohnraum eingesetzt werden. Die Eigentümerschaft kann entweder selbst günstigen Wohnraum schaffen oder eine Abgabe leisten. Die eingenommenen Gelder nutzt die Gemeinde für bezahlbaren Wohnraum und Infrastrukturprojekte wie Naherholungsgebiete, Kitas oder Quartiergestaltung.

Der Mangel an preisgünstigen Wohnungen stellt eine erhebliche Herausforderung dar. Der Markt allein kann das nicht lösen. Deshalb ist es sinnvoll, dass ein Teil der Gewinne grosser Immobilienbesitzer zur Finanzierung dieser Massnahmen verwendet wird, statt die Kosten auf alle Steuerzahlenden zu übertragen. Die Mehrwert-Initiative ist eine direkte und effektive Möglichkeit, mehr günstige Wohnungen zu schaffen, ohne die öffentliche Hand oder die Allgemeinheit unverhältnismässig zu belasten.


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