Zwei Monate in Kambodscha: Spitalpraktikum, das prägt

  27.08.2025 Gesellschaft

Erfüllt von Freude, schweren Momenten und grosser Dankbarkeit sammelte der Medizinstudent Lars Neese wertvolle Erfahrungen in einem kambodschanischen Kinderspital.

ALINA HONKA

Der 25-jährige Baarer wuchs im Grund auf und besuchte die Primarschule Dorfmatt. Nach der Matur am Gymnasium Immensee zog es ihn an die Uni Fribourg für den Bachelor der Humanmedizin. Momentan befindet er sich im letzten Jahr des Masterstudiums an der Universität Zürich.

Im Rahmen des praktischen Jahres seiner Ausbildung entschied er sich für ein zweimonatiges Praktikum im Juli und August dieses Jahres im Kantha Bopha Hospital von Beat Richner in Siem Reap, Kambodscha. Ziel war es, einen anderen Einblick in die Medizin zu gewinnen, neue Ansätze zu entdecken und das Land und seine Menschen kennenzulernen.

Mit Freundlichkeit willkommen geheissen
Für Neese war dies der längste berufliche Aufenthalt so weit weg von zu Hause. Kulturelle Unterschiede und die Sprachbarriere stellten eine Herausforderung dar. Doch die Freundlichkeit und Offenheit der Kambodschaner halfen ihm, schnell Kontakte zu knüpfen: «Man grüsste sich von Weitem, war sehr nett und kam so ins Gespräch – selbst mit völlig fremden Menschen», schwärmt er.

Auch im Spital zeigte sich diese Haltung: Patienten und Angehörige waren voller Dankbarkeit und Vertrauen und behielten auch in den schwierigsten Situationen ihre Zuversicht. Ein Beispiel: Ein Kind, das er am Morgen vor der chirurgischen Entfernung eines Hirntumors untersuchte, war ohne Angst vor dem anstehenden Eingriff. Voller Freude lachte es mit seiner Mutter und bedankte sich mehrfach beim Assistenzarzt.

Harte Realität und wertvolle Lehren
Neese erlebte jedoch auch Situationen, die für Schweizer Studierende eine Seltenheit sind, von Reanimationen bis zum Tod von Patienten. Für das lokale Personal gehörte dies zum Alltag, doch für den Baarer und seine Schweizer Mitstudenten war es schwer zu verkraften.

Ein weiterer Unterschied lag in der Anzahl der Behandelten. Im Kinderspital in Siem Reap waren bis zu 90 Patienten in einem Zimmer, während es in Zürich nur ein bis zwei sind. Von einem Tisch in der Mitte des Raumes aus kümmerten sich die Pfleger und Ärzte um die Kinder, die Tag und Nacht von Angehörigen begleitet wurden.

Neese beobachtete eine höhere Effizienz der Spitäler in Kambodscha im Vergleich zur Schweiz. Es würde weniger Zeit für Bürokratie aufgewendet, was mehr Kapazität für die Patientenbehandlung bedeute und alle Prozesse viel schneller und einfacher mache. Ausserdem ermögliche das grosse Vertrauen der Patienten und Angehörigen einen unkomplizierteren Austausch.

Er war auch positiv überrascht von dem hohen medizinischen Standard in Siem Reap: «Es ist beeindruckend: Es gab sogar offene Herz- und Hirnoperationen und sehr gute Therapie, ähnlich wie bei uns.»

Patientenkontakt prägt den Traum vom Arztberuf
Am meisten am Ärzteberuf begeistert Neese der soziale Aspekt – der direkte Kontakt zu den Patienten. Im Rahmen gemeinnütziger Projekte brachte er Essen zu Schulen und Kleider zu Kindern in ärmeren Dörfern, die möglicherweise noch nie solche Besitztümer gehabt hatten. Die Freude der Kinder berührte ihn tief und machte ihn nachdenklich.

Grundsätzlich zieht es ihn zur Arbeit im Kinderspital, da dort alles freundlich ist und eine gute Stimmung herrscht. Langfristig sieht er sich in der Kinderorthopädie, also in der Behandlung des Bewegungsapparates von Kindern. Er hat bereits die Zusage für eine Stelle im Kantonsspital Nidwalden in Stans ab Januar 2027. Die Arbeit in Kambodscha hat diese Zukunftspläne zusätzlich bestärkt, da er dort viel in der Orthopädie gearbeitet hat und grossen Gefallen daran fand.

Er empfiehlt solche Auslandserfahrungen jedem angehenden Arzt. Sie bringen nicht nur medizinisches, sondern auch persönliches Wachstum. Besonders die Freundlichkeit und Offenheit der Menschen wird er vermissen.

Dankbarkeit, Bewunderung und Freude
Neese ist voller Dankbarkeit, sowohl für all die wertvollen Erfahrungen in Kambodscha als auch für die hohen Standards und Selbstverständlichkeiten in der Schweiz. Darüber hinaus bewundert der angehende Arzt die medizinische Qualität in Siem Reap, die trotz begrenzter Mittel sehr hoch ist, und den Elan und Stolz, mit dem das Personal seine Arbeit erledigt. Besonders fasziniert ihn die Freude und Ausstrahlung der Menschen, die mit sehr wenig zufrieden sind und alles geben, was sie können.

Rückkehr und Zukunftspläne
Nachdem er diese Tage die letzten Stunden im Spital absolviert, wird er seinen Aufenthalt mit einer Woche Ferien ausklingen lassen. Die Rückkehr nach Baar ist für den 5. September geplant. «Ich freue mich am meisten darauf, meine Kollegen und die Familie wieder zu sehen», sagt er.

Nach dem Abschluss des praktischen Jahrs im Januar 2026, den Kursen im Frühling und dem Staatsexamen im Sommer wird er sein Humanmedizinstudium in etwa einem Jahr beenden. Er kann sich vorstellen, nach seiner Ausbildung erneut nach Kambodscha zurückzukehren, um mit mehr Erfahrung einen noch grösseren Beitrag zu leisten.


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